3/2017 Unser persönliches Interview mit der kabarettistischen Lernexpertin Jutta Wimmer: „Ich liebe es, zu lachen!“

Die FörderStaRS hatten die Möglichkeit, ein ganz persönliches Interview mit der Pädagogin Jutta Wimmer zu machen, die wir am 5. April 2017 bei uns in der Dominik-Brunner-Realschule zu ihrem Erlebnisabend „Lernlust statt Lernfrust“ begrüßen dürfen. Vielleicht bekommen Sie jetzt ja auch Lust, dabei zu sein? Karten können Sie im Buchladen Poing im Citycenter ab 16. März erwerben oder bereits im internen Schulverkauf am Montag 13.3. und Dienstag 14.3. jeweils 2. Pause und 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr oder auch am Tag der offenen Tür (Di 14.3.) zwischen 16 und 19 Uhr.

Frau Wimmer, wenn Menschen lachen, schütten sie Glückshormone aus und bauen Stress ab. Ist Ihr Erlebnisvortrag Lernlust statt Lernfrust also eine Lachtherapie gegen Schulstress?

Ja, es geht mir tatsächlich darum, dass Eltern mal herzlich über das lachen können, was ihnen sonst so viel Stress und Sorgen bereitet. Es tut einfach gut und entspannt, die häusliche Szenerie mal aus der Distanz und mit einem großen Schuss humorvoller Übertreibung zu betrachten. Und es ist tröstlich zu spüren, dass man sich an diesem Abend in guter Gesellschaft befindet und es anderen Eltern in der Regel nicht viel anders geht: Auch sie spielen täglich ungewollt die Rolle des Lernantreibers.

Welche Botschaft wollen Sie Eltern, aber auch Lehrern vermitteln?

Ein wichtiges Anliegen ist es mir, dass wir Erwachsene uns wieder in einen Pubertätskopf und -körper hineinversetzen, in sein Denken und Fühlen.

Es ist ja nicht so, dass es uns Eltern und Lehrern an pädagogischem Wissen mangeln würde, aber wir tun uns oft so schwer, es in die Praxis umzusetzen, weil wir zu sehr im Kopf sind und uns zu wenig in die Schüler hineinfühlen, in ihre Langeweile, in ihre Fragen, wozu sie das alles lernen sollen, in ihre Ängste vor Versagen und schlechten Noten. Wenn ich Eltern und Lehrer in Gedanken mental ihre alten Kinderschuhe wieder anziehen lasse, dann dreht sich ihre innere Uhr automatisch zurück und alte, längst vergessene Gefühle aus der Schulzeit sind wieder da – und damit auch wieder der Draht zu den Kindern und Schülern.

Wie fördert man die Lernlust ganz konkret?

Hilfreich wäre es, dass wir uns mal die wichtigsten Lernlustkiller ansehen. Einer davon ist zum Beispiel der fehlende Sinn beim Lernen: Wenn Schüler nicht begreifen können, wozu sie die linearen Gleichungen lernen sollen, dann tauchen viele von ihnen innerlich einfach ab: Während des Unterrichts sind sie dann in Gedanken beim Bundesliganeuzugang oder bei der Frage, was es zum Mittagessen gibt. Zudem lernen Schüler dann oft nur noch für die Noten, und nicht, weil der Stoff sie interessiert. Der Sinn des Lernens, nämlich der Wissenserwerb und der Kompetenzaufbau, sind dem Zweck gewichen: den Noten. Dies erleben wir als Eltern täglich, wenn Schüler reklamieren: „Ich hab gestern ganz umsonst gelernt! Der Stoff ist in der Schulaufgabe gar nicht drangekommen.“

Sie sagen, dass Schule mit weniger Leistungsdruck und Stress nicht nur mehr Spaß macht, sondern auch erfolgreicher ist. Können Sie das etwas näher ausführen?

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Wir alle möchten, dass unsere Kinder leistungsstark werden, ich auch! Dass sie nach der Schule wirklich etwas können und wissen, und dass sie motiviert sind, ihr Leben selbstverantwortlich anzupacken. Nun müssen wir jedoch differenzieren zwischen einem unguten, krank machenden Stress, dem Distress, der zu Schulfrust, zu Lernverweigerung, zu Leistungseinbußen, zu Blackout und Prüfungsängsten führt, und einem gesunden Stress, dem Eustress. Wenn Schüler zwar ihre Leistung erbringen müssen, dabei jedoch im EIGENEN Tempo und im EIGENEN Rhythmus lernen und arbeiten dürfen, dann macht das Lernen nicht nur mehr Spaß, die Schüler sind auch deutlich leistungsbereiter und erfolgreicher. Wenn wir also wollen, dass die Kinder gerne lernen, dann müssen wir für das individuelle Lernen praktikable Lösungen suchen.

Wie stehen Sie dann zu Noten?

In der Schulzeit geht es zu einem großen Teil um Vorbereitungen auf Schulaufgaben und Tests, die dann benotet werden. Die Hauptmethode der Schüler ist dabei das Bulimie-Lernen: Am Tag vor dem Test wird alles ins Hirn gestopft und am nächsten Tag wird es wieder herausgewürgt. Die Energie der Schüler geht auf diese Weise viel zu viel ins Auswendiglernen und viel zu wenig ins echte Erobern und Durchdringen eines Stoffes, sodass dieser wirklich in Fleisch und Blut übergehen kann. Ein viel zu großer Teil des reingestopften Wissens geht ebenso schnell wieder verloren, wie es aufgenommen wurde. Für erfolgreiches Lernen brauchen wir jedoch Luft und Spielraum und vor allem mehr Zeit. Nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer leiden unter dieser Situation.

Wie haben Sie Ihre eigene Schulzeit erlebt?

Die ersten zwei Schuljahre war ich total begeistert von der Schule. Ich habe meine Grundschullehrerin so geliebt, dass ich jeden Nachmittag daheim Schule gespielt habe. Deshalb wollte ich auch unbedingt Lehrerin werden. Später war es dann sehr wechselhaft, je nach Lehrer und Fach.

Wie unterscheidet sich die Arbeit als Vortragsrednerin von Ihren früheren Tätigkeiten als Lehrerin und Dozentin?

Ich liebe meine Arbeit auf der Bühne, denn ich bin nun nicht mehr an einen vorgegebenen Lehrplan gebunden und darf „unterrichten“, was mir wichtig ist und in der Art, die mir Spaß macht. Dafür habe ich das Schauspiel gewählt, weil es so anschaulich ist. Den Humor, weil er die Herzen öffnet. Das Storytelling, weil es die Emotionen anspricht. Der kabarettistische Vortragsstil ist allmählich gewachsen, und ist Ausdruck meiner selbst – ich liebe es, zu lachen.